1689 wurde unter Henrico Zuccalli mit dem Bau der barocken Zier- und Nutzkanäle für den Hofgarten begonnen. Zur Speisung der geplanten Wasserführung innerhalb des Gartens war es notwendig, ein ganzes System von Zubringerkanälen anzulegen, die von verschiedenen Wasserläufen aus abgezweigt und herangeleitet wurden.
Schleißheim wurde zuerst mittels eines Kanals vom Schwabinger Bach und von der Isar her beschickt, der als "Schleißheimer Kanal" erst nach Norden und dann im rechten Winkel gegen Lustheim geführt wurde. Auch von Südwesten her, also von der Würm aus, wurde ein Zubringerkanal nach Schleißheim gebaut, der nördlich von Allach (bei Karlsfeld) abgeleitete "Karlsfelder Kanal".
Bei Lustheim tritt der von der Isar kommende Kanal in den Park ein, wobei sich die Kanalführung gabelt und einen Halbkreis um das Schlösschen bildet. In dem südlich die Gartenanlage flankierenden Kanal wird Würmwasser aus dem Karlsfelder Kanal von Schleißheim nach Lustheim geführt.
Ringkanal um Schloss Lustheim
Im nördlichen Ringkanal des Schlossgartens dagegen fließt in der Hauptsache Isarwasser aus dem Schleißheimer Kanal, aber auch Würmwasser (aus dem südlichen Randkanal) von Lustheim auf Schloss Schleißheim zu und wird dort von dem zwischen Schleißheim und Schloss Dachau um 1690 gegrabenen "Dachauer Kanal" aufgenommen. Den Wasserlauf und den Ablauf dieses Kanalsystems regulieren Schleusen.
Zu Beginn des 18. Jahrhunderts ließ Max Emanuel schließlich – als direkte Verbindung seiner Stadtresidenz mit Schleißheim – den so genannten "Türkengraben" bauen, dessen geplante geradlinige Verlängerung als "nouveau canal de Schleißheim" auf Schleißheim treffen sollte, jedoch nicht zur Vollendung gelangte. Im frühen 19. Jahrhundert wurde der Türkengraben eingeebnet. Zu dem Namen des Kanals wird angeführt, dass es sich dabei um einen Irrtum handele, da die türkischen Kriegsgefangenen bereits 1699 ausgetauscht wurden. Der "Türkengraben" wäre gleichzeitig eine direkte Kanalverbindung von Nymphenburg über die Georgenschwaige nach Schleißheim gewesen.
Neues Schloss Schleißheim mit Gondel auf dem Mittelkanal
Diese riesigen Kanalstrecken mit ausgedehnten Erdbewegungen wurden bis zum Frieden von Carlowitz 1699 zum Teil von kriegsgefangenen Türken und dann vor allem von Truppenteilen der Münchner Garnison ausgeführt. Die Kanäle dienten sofort nach Fertigstellung zur Verladung von Frachten für den Schlossbau auf dem Wasserweg; gleichzeitig wurden sie für höfische Spazierfahrten benutzt, für die man mehrfach venezianische Gondolieri engagierte.
Das Kanalsystem zwischen Schleißheim, Nymphenburg und Dachau ist in Mitteleuropa einzigartig. Zwar führen heute nicht mehr alle Kanalabschnitte auf voller Länge Wasser und manche Alleen sind teilweise zugewachsen. Dennoch bestimmt auch jetzt noch das System von Kanälen und Blickachsen die Landschaft nördlich von München.
Empfehlung in den sozialen Medien
Facebook Twitter Google Plus